Archiv: Die Verliebten

nach Carlo Goldoni

 

Spiel & Leitung: Sonja Graf und Markus Hummel

An der Geige: Zoran Krga

Amphitheater im Englischen Garten/ TamS-Garage, Sept. 2016

 

- „Ich staune über Ihre Worte! Soll ich Ihnen noch einmal wiederholen, dass mir nichts an Ihrem Diener liegt? Nichts an ihm und nichts an Ihnen.“ - „Nichts an mir? Es liegt Ihnen nichts an mir und nichts an ihm? Nichts an ihm und nichts an mir ...“ - „Schon wieder eine Szene.“

 

Eugenia liebt Fulgenzio. Und Fulgenzio liebt Eugenia. Dennoch können keine zwei Sätze fallen, ohne dass die beiden nicht in Zank und Streit geraten. In Eugenias Wutausbrüche gegen Fulgenzio und in dessen Zornanfälle gegen seine Verlobte, begleitet von zerrissenen  Taschentüchern, zerbrochenen Spiegeln und gezückten Messern, wird jedoch nicht nur der gesamte Haushalt Pandolfi – Eugenias verwitwete Schwester Flaminia und deren Tante Fabrizia, deren alter Bediensteter Succianespole sowie das 'Kammermädchen' Lisette – mit hineingezogen. Die  häuslichen Querelen locken zudem auch andere, mehr als zweideutige Kandidaten auf der Suche nach dem eigenen Profit ins Geschehen. Denn es geht nicht allein um die Liebe, sondern vor allem um den persönlichen Gewinn. Auf den Plan treten demnach  Fulgenzios Freund Ridolfo, ein Advokat, der Ausschau nach Prozesshändeln und Klienten hält sowie der abgetakelte Graf von Otricoli, den Eugenias ehrgeizige Tante für ihre Nichte  als vermeintlich bessere Partie ins Auge fasst. Die Scheuern bei Pandolfis sind allerdings gähnend leer: längst hat Signora Fabrizia mit ihrem weltfremden Streben nach Anerkennung und sozialem Aufstieg das gesamte Vermögen der ihr anvertrauten Verwandten durchgebracht. Als sie nichtsdestotrotz auch noch Fulgenzios Schwägerin Clorinda, den beständigen Zankapfel der beiden Verliebten, zur Tafel bittet, ist das Chaos perfekt…

 

Lebendig, temporeich, vor Witz sprühend und dabei ungemein direkt kommt Carlo Goldonis (1707 – 1793) kaum bekannte Komödie Gl’Innamorati  daher, in der er en miniature und – anders als sein bissiges Vorbild Molière - mit leiser Ironie seine Charaktere zeichnet. Die ans Absurde grenzenden Streitereien, in denen alle zur Partei werden müssen, lassen in ihrer genau beobachteten und skizzierten Abfolge das Mailand des 18. Jahrhunderts spielend hinter sich und wirken darin geradezu gegenwärtig und originell. So brechen sich die Momente des Irrationalen durch Lebhaftigkeit und Emotionalität ihre Bahn, da jeder zu seinem Recht und seinen Freiheiten kommen will.