Spiel & Leitung: Sonja Graf und Markus Hummel
An der Geige: Zoran Krga
Amphitheater im Englischen Garten/ TamS-Garage, Sept. 2017
„ Tibet, das packt man nicht so ohne weiteres in ein paar morsche Kisten. Tibet, das lässt sich nicht so mir nichts dir nichts in einem löchrigen Koffer verstauen. In ein paar Körbe oder in eine brüchige, schweinslederne Tasche. Tibet, das meint Staub, meint Dreck, Landstraßen, Gebirgspfade, Plunder und Papier, Tibet, das heißt Schnee und endloses Eis, eine kristallene Luft, Felsen und Stein, lehmgelbe Erde und tiefgrünes Gras, Yaks und Pferde, Sterne…“
Im Süden Frankreichs, in ihrem Refugium Samten Dzong, sieht die berühmte Asienforscherin Alexandra David-Néel ohne Zuversicht dem Trubel um ihren hundertsten Geburtstag entgegen. Zur Seite steht ihr einzig – naiv und pragmatisch - Peyronnet, ihre helfende Hand mit einer unerfüllten Leidenschaft für fremde Welten und unentdeckte Gebiete. Denn mit zunehmendem Alter verliert Peyronnets sagenumwobene Brotgeberin nach und nach den Boden der Realität unter den Füßen. Doch aus dem Sumpf der gegenseitigen Abhängigkeiten und im Zuge der Vorbereitungen für das Fest der Jubilarin erheben in den asiatischen Gemächern von Samten Dzong die Geister der Vergangenheit ihre Häupter, steigen aus dem Dunkel und mit dem Staub der Jahre längst vergessen geglaubte Erinnerungen und unwahrscheinliche Halbwahrheiten empor, erstrahlen Tibet und die verbotene Stadt Lhasa, der Ort der Götter - den David-Néel fast ein halbes Jahrhundert zuvor als erste Europäerin betreten hatte - in neuem Glanz: in ihren Träumen wieder jung durchwandert sie mit ihrem Sekretär, Schneider, Koch und Dolmetscher Aphur Yongden die asiatischen Hochebenen, trotzt dem Hunger, der Kälte und dem Schnee, streitet mit den tibetischen Bauern, überwindet Abgründe und Dämonen. Sie trifft aber auch auf wenige Auserwählte - in der Welt ihrer Erscheinungen…
Alexandra David-Néel (1868 – 1969) zählte aufgrund ihrer spektakulären Reisen und ihrer Veröffentlichungen in Frankreich zu den bekanntesten Persönlichkeiten ihrer Epoche. Ihr Wagemut und ihre Offenheit für östliche Lebensvorstellungen trafen gerade in den 1960er Jahren den Nerv der Zeit. „Gedankenfieber. Windgeflüster“ greift die Erinnerungen der forschenden Abenteurerin frei auf, lässt deren historische Persönlichkeit jedoch hinter sich und erfindet sie literarisch neu. Der Text verfolgt seine eigene Poesie, in der die Ebenen der Zeit, des Traumes und der Wirklichkeit einander überlagern.
Hier gibt's mehr zum Lesen - Presse zu "Gedankenfieber. Windgeflüster" ...