Produktion des THEATER DES HÖLZERNEN GELÄCHTERS, München
Leitung: Sonja Graf und Markus Hummel
Mit: Sonja Graf, Markus Hummel
La Cantina, München, Juni 2025
„Bedenken Sie, gerade das ist ja das Fürchterliche, dass er kein Hundeherz hat, sondern ein menschliches Herz. Noch dazu das mieseste von allen, die es in der Natur gibt!“
Im Juni 2025 haben wir die Wiener Produktion des THEATERS OHNE FURCHT UND TADEL, die 2012 in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Pharma- und Drogistenmuseum entstanden ist und die wir in Auszügen seit einiger Zeit in unserer STATIONÄREN CAMERA OBSCURA präsentieren, in mancherlei Hinsicht umgekrempelt und auf neue Beine gestellt. Denn immerhin sind mehr als zwölf Jahre ins Land gezogen, seit Professor Preobraschenski mittels seines vordergründig wissenschaftlichen und höchst fragwürdigen Experiments dem Genossen Scharikow in unserer Interpretation zu seiner Existenz verholfen hat. Die technologischen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der jüngsten Zeit stellen Michail Bulgakows Text von 1926 zwangsläufig und beinahe selbstredend in ein anderes, neues Licht …
Moskau in den eisigsten Zwanzigern: an einem teuflisch verschneiten Winterabend liest Professor Preobraschenski, eine bedeutende Kapazität in Sachen Schönheitschirurgie, den verwahrlosten, räudigen Straßenköter Scharik auf. Der Hund jedoch, der das Leben nur von unten kennt, weiß tatsächlich nicht, wie ihm geschieht. Und erst recht nicht, als er sich auf dem Operationstisch des Mediziners wiederfindet. Der an einem Verjüngungsexperiment für seine reiche Klientel laborierende Preobraschenski pflanzt dem Tier nämlich die menschlichen Hoden sowie die Hypophyse eines jüngst Verstorbenen ein. Und der Versuch glückt wider alle Erwartung: Scharik verliert sein Fell, richtet sich auf und spricht. Allerdings nicht wie erhofft. Er flucht, schimpft, randaliert und entwickelt auch in allen übrigen Belangen ein höchst unerfreuliches Eigenleben...
Das THEATER DES HÖLZERNEN GELÄCHTERS folgt Preobraschenski und seiner diabolischen Schöpfung in eine phantastische Wirklichkeit, in eine verschobene Bilderwelt, in der das Unmögliche bis zur Glaubwürdigkeit möglich wird und sich das Absurde in bitterböser Ironie seine Wege bahnt. Denn nicht umsonst wird Michail Bulgakow (1891-1940) mittlerweile zu den größten Satirikern der russischsprachigen Literatur gerechnet: seine Satiren und Persiflagen schaffen sich selbst und immer wieder neu. Darin liegt ihre Zeitlosigkeit begründet. Und auch „Hundeherz“, eine von Bulgakows bekanntesten Geschichten, reicht weit über die Karikierung der zeitgenössischen Tagespolitik in den 1920ern hinaus; vielmehr gewinnt das Phantasma der mensch-tierlichen Transgression zunehmend an Brisanz. Der Text, der zu seiner Entstehungszeit (1926) beschlagnahmt worden war, konnte erst in den späten 1980er Jahren veröffentlicht werden. Heute zählt das Werk zu den heimlichen Klassikern der Moderne.
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