ARCHIV: TEE-ZEIT IM WUNDERLAND

nach Lewis Carroll

 

 

Produktion des THEATERS OHNE FURCHT UND TADEL, Wien

Leitung: Sonja Graf und Markus Hummel

Mit: Sonja Graf, Markus Hummel, Robert Stuc

Österreichisches Pharma- und Drogistenmuseum, Wien, Dezember 2023

 

„Ich werde hier sitzen bleiben“, bemerkte der Lakai, „bis morgen –“

In diesem Moment öffnete sich die Türe des Hauses und ein riesiger Teller kam herausgeflogen, direkt auf den Kopf des Lakaien zu, berührte seine Nase und zerbrach an einem Baum hinter ihm in tausend Scherben. „Oder bis übermorgen vielleicht“, fuhr er im selben Tonfall fort, als wäre nichts geschehen. „Wie komme ich hinein?“ fragte Alice noch einmal und deutlich lauter als zuvor.

„Sollst du denn überhaupt hineinkommen?“ sinnierte der Lakai.

„Das ist doch die erste Frage, wenn du verstehst, was ich meine.“

So war es wohl ohne Zweifel; nur Alice hörte es nicht gerne. „Es ist wirklich schrecklich“, murmelte sie vor sich hin, „die Art, wie einem hier alle Geschöpfe die Sätze verdrehen. Es ist zum Verrücktwerden!“

 

Seit Alice in das Loch des weißen Kaninchens gestürzt und durch einen schier endlosen Schacht gefallen ist, ereignen sich die abstrusesten Dinge: sie verändert fast gänzlich unfreiwillig ihre Gestalt, wird einmal riesengroß, ein anderes Mal verschwindend klein. Die skurrilen Wesen, die ihr begegnen, verstricken sie in absurde Gespräche, aus denen es scheinbar kein Entrinnen gibt und hinter denen sich ein geheimer, unergründlicher Sinn verbirgt. Die Logik der Sprache hebt den Inhalt des Gesagten auf. Staunend, neugierig nachfragend und zugleich selbst neunmalklug streift Alice durchs Wunderland, unbeeindruckt von der Herrschsucht der Herzkönigin, verblüfft vom eigenmächtigen Grinsen der Cheshire-Katze und gelassen dem Säugling der streitsüchtigen Herzogin gegenüber, der sich als Ferkel entpuppt. Bei alledem schlägt die Zeit seltsame Sprünge. Denn entweder sie rast oder sie steht gespenstisch still – wie am Teetisch des Hutmachers, der sie totgeschlagen hat, da er sich einst bei einem königlichen Festkonzert mit ihr gestritten hatte…

 

 

Der legendäre Sturz der kindlichen Protagonistin und die daran geknüpften Abenteuer aus „Alice im Wunderland“ verschafften ihrem Verfasser Lewis Carroll (1832 – 1898) Weltberühmtheit. Seine Zitate hielten Einzug im englischen Parlament wie in der surrealistischen Kunst. Das Theater ohne Furcht und Tadel lädt in Carrolls phantastisch verkehrter Welt zum Tee – auf den Spuren des Traumes und in den Fußstapfen des Aberwitzes.